Nachdem ich Halbgesicht aus dem Heilerbau entlassen hatte, stand auch schon der nächste Patient vor dem Heilerbau. Zumindest nahm ich das an und bat Himmelsjäger hinein. Dieser berichtete aber überraschender Weise von seiner Gefährtin Rosenduft, die es heftig erwischt zu haben schien. Wie es aussah, konnte sie nicht mal mehr aus eigener Kraft stehen, was bei dem hohen Alter der Kätzin nichts Gutes bedeuten konnte. Himmelsjäger sah sichtlich besorgt aus und auch ich hatte eine böse Vorahnung dessen, was mich im Ältestenbau erwarten würde. Dennoch nickte ich mit dem Kopf und versuchte möglichst entspannt zu wirken, als ich dem Kater antwortete: «Natürlich, ich folge dir.» Mit diesem Satz erhob ich mich und wollte gerade in Richtung Ausgang tappen, als ich meinen Namen über die Lichtung schallen hörte. Etwas verwirrt tat ich ein paar Schritte nach vorn und spähte aus dem Heilerbau hinaus. Ich blinzelte ein paar Mal ungläubig, als im nächsten Moment Milanjäger hereinstolperte. Auf seinem Rücken trug er ein blutendes, kleines Etwas, das ich mit viel Mühe als Krähenflug identifizieren konnte. Ich kannte Milanjäger, da er zum Leidwesen meiner ehemaligen Mentorin unter einem ziemlich instabilen Nervengestell litt und für seine Attacken nach beruhigenden Kräutern gefragt hatte. Mein Blick wanderte zwischen dem sichtlich erschöpften Milanjäger und dem scheinbar bewusstlosen Krähenflug hin und her. Milanjäger hatte doch nicht etwa… nein, das konnte ich mir fast nicht vorstellen. Der Krieger stieß ein paar Wörter heraus, die zumindest ansatzweise schilderten, was geschehen war. Wie es aussah waren die beiden von einem Hund angegriffen worden. «Sch-schon gut.», stammelte ich, immer noch etwas fassungslos über Krähenflugs klaffende Wunden. «Leg ihn in das Nest hier», fügte ich anschließend etwas gefasster hinzu und deutete mit dem Schweif auf ein Nest zu meiner rechten, «Ich kümmere mich um ihn, keine Sorge.» Gesagt, getan. Ich flitzte auf flinken Pfoten in das Lager im hinteren Teil des Baus. Hier lagen alle möglichen Kräuter fein säuberlich sortiert in kleinen Mulden in der Erde. Die interessierten mich aber zunächst nicht. Das wichtigste war, Krähenflugs Blutung zu stoppen und dafür brauchte ich Spinnenweben. Viele Spinnenweben. Ich nahm also alle, die mein Vorrat mir bieten konnte und raste zurück in den vorderen Teil des Heilerbaus. Erst da fiel mir auf, dass ich Himmelsjäger ganz vergessen hatte. In der Hektik miaute ich ihm kurz zu: «Geh ruhig zurück in den Ältestenbau, ich komme sobald ich kann!» Anschließend widmete ich meine Aufmerksamkeit wieder voll und ganz dem blutenden Krieger. Behutsam, aber dennoch mit reichlich Druck presste ich die Spinnenweben auf den Bauch des Katers. Die dünnen Fäden begannen sofort sich rot zu färben. Während ich mit der einen Pfote nach mehr Spinnenweben griff, versuchte ich mit der anderen den Verband auf der Wunde zu fixieren. Krähenflug hatte schon einiges an Blut verloren, ich konnte nur hoffen, dass der SternenClan auf seiner Seite war.
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Ich sammelte alle Spinnenweben ein, die ich im Lager noch finden konnte und stürzte wieder in den vorderen Teil des Baus. Milanjäger hatte es in der Zwischenzeit geschafft, den kleinen Kater in eines der leeren Nester zu hieven. Mit flinken Pfoten presste ich den Verband mit reichlich Druck auf den Bauch des Verletzten. Während ich mich darauf konzentrierte, Krähenflugs Blutung zu stoppen, schickte ich Himmelsjäger wieder zurück in den Ältestenbau. Der alte Kater musste das hier nun wirklich nicht mit ansehen. Als ich den einen weggeschickt hatte, kam auch schon die nächste in den Heilerbau. Ich konnte nicht sehen, um wen es sich handelte, sondern vernahm lediglich eine weibliche Stimme. Wer auch immer es war, Krähenflug hatte im Moment eindeutig Priorität. Ich schnappte mir ein Spinnweben-Bündel nach dem nächsten und platzierte diese sorgfältig entlang der Wunde. Dabei spürte ich Milanjägers drängenden Blick, der sich mir nahezu durch den Pelz brannte. Ihm schien der Zustand des dunklen Katers mächtig Sorgen zu bereiten. Er fragte sogar, ob ich ihn wieder hinkriegen würde und bettelte beinahe danach, ihn nicht zu verlieren. Es verwunderte mich dann doch, so etwas von dem eher ruppigen Krieger zu hören. Ich versuchte, den Kater etwas zu vertrösten, wollte aber dennoch realistisch bleiben: «Er hat eine Menge Blut verloren, aber die Blutung ist so gut wie gestillt. Und solange er noch atmet, wird alles gut.» Ich ließ einen Moment von dem kleinen Kater ab und drehte mich zu Milanjäger, der zu einem der leeren Nester gehumpelt war und das Ganze nun mit etwas Abstand beobachtete. «Keine Sorge, er ist ein Kämpfer.», miaute ich dem Kater mit festem Blick zu. Dessen war ich mir sicher. Ich tupfte mit dem letzten Rest der Spinnenweben noch einmal vorsichtig die riesige Wunde an Krähenflugs Bauch ab und drückte anschließend den Verband ein wenig fest. Sobald er aufwachte, musste ich die Verletzungen weiterhin behandeln und den Verband wechseln. Vorerst jedoch beließ ich es dabei und hoffte, dass der SternenClan den grauen Krieger noch nicht in seine Reihen holen wollte. «Er braucht viel Ruhe.», erklärte ich Milanjäger, der ebenfalls reichlich erledigt aussah, «Aber wie sieht es denn mit dir aus? Was ist mit deiner Pfote?» Während ich auf die Antwort des Katers wartete, nutzte ich die kurze Pause zum Durchatmen. Das würde wohl ein langer Tag werden…
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