Arktisjunges lief einfach an uns vorbei, knappe Worte, dass er nun schlafen gehen würde. Ähnlich verhielt es sich mit seinem Bruder, der lediglich einsilbig antwortete und näheren Schutz zu Alphakralle aufsuchte. Anstatt Trauer über das unnormal kalte Verhalten meiner Jungen zu äußern, zuckte ich lediglich mit den Ohren und würdigte niemanden mehr eines Blickes. Den Mist konnte ich mir gerne auch komplett sparen, dann wuchsen sie eben an der Seite von ihrem Vater auf und mussten sich nicht mit dieser schlechten Mutter herumschlagen! Gedanken, die derzeit immer öfter rasant wuchsen. Natürlich trug ich an unseren wunderbaren Familienverhältnis zum großen Teil Mitschuld, aber eigentlich kannten sie das nicht anders. Sichtlich genervt ignorierte ich jegliche Reaktionen, überlegte sogar einfach zu gehen, schließlich hatte ich hier niemals einen Platz gefunden. Tut mir leid, dass ich mein Leben als Anführerin lebe, ihr seid niemals geplant gewesen. Schon früher hatte ich andere Pläne und wollte keine Mutter werden. Vage erinnerte ich mich dabei an uralte, längst vergangene Geschichten, in denen ein gewisser Anführer seine Jungen sogar mied, da sie dessen verstorbenen Liebe dermaßen ähnlich sahen, doch am Ende stand Akzeptanz im Vordergrund. Ich war für diese undankbaren Plagen vor sechs Monden noch gestorben.
Mit zuckendem Schweif grub ich hoffentlich unbemerkt die Krallen tief ins Nestmaterial. Wie mochte er nochmal geheißen haben? Ein gebrochener Kiefer und somit für Leben gestraft. Streifenstern…? Ja, das muss es sein. Klar konnte ich niemanden zur Vergebung zwingen, doch sie zeigten scheinbar überhaupt kein Interesse an ihren Eltern. Arktisjunges rannte den ganzen Tag im Lager herum und für Maskenjunges existierte ich praktisch ohnehin nicht. Welche Rolle erfüllte ich dann überhaupt? Tief in grämenden Gedanken versunken bemerkte ich praktisch erst ab der Hälfte des Satzes das Alphakralle mich direkt ansprach. Stumm daraufhin nickend, schluckte ich meinen ekelhaften Frust zumindest zu Teilen wieder hinab. „Sturköpfig und…selbstständig…wie Jungen ebenso sind“, presste ich leise heraus, wahre Infernos tanzten im unruhigen Blick. Hier und jetzt hätte ich einfach explodieren können. Einfach mit Ampferpfote raus zum Training und all der Misere dem Rücken zukehren. Vielleicht sah man meine Anstrengungen als Mutter nicht oder würde es auch nie, aber genauso gut hätte ich zum Anführerbau gehen und die Jungen komplett ignorieren können, doch so wollte ich mit ihnen Kontakt knüpfen, sehen wie sie erwachsen wurden, aber gleichzeitig brauchte ich meinen Freiraum. Anscheinend blieb das der Preis dafür. Überhaupt war ich mir momentan nicht sicher ob ich meine Söhne auf solch eine Distanz wahrlich lieben konnte. Trotzig kämpfte ich das unglaublich erdrückende Gefühl schließlich nieder.
Jetzt vor allen in Tränen auszubrechen passte mir sicherlich nicht in den Kram. Ein Ventil brauchte ich trotzdem. „Alphakralle, wenn du später Zeit hast…würde ich gerne mit dir reden.“ Außer du wirst natürlich weiter von Maskenjunges belagert. Ab da richtete ich meinen keilförmigen Kopf einfach nach vorne, starrte hinaus. Die blauen Augen leuchteten mittlerweile wieder mit unnachgiebiger Härte.