Er betrachtete die Streunerin mit einem finsteren Blick, der sogar noch dunkler wurde, als sie meinte, vielleicht bliebe sie doch hier.
Ein Knurren entwich ihm, welches er jedoch sofort wieder unterdrückte, dennoch hätte sein Blick die Streunerin töten können, so grimmig blickte er drein.
Er verspürte das Verlangen, ihr diesen Ausdruck, den er so hasste, aus dem Gesicht zu kratzen, am besten samt Augen und Mund, sodass sie endlich still war und niemanden mehr so provozierend betrachten konnte.
Zum Glück konnte er sich beherrschen, er blieb wo er war und bemerkte mit einem Mal das kleine Junge, das ein Hallo fiepte. Was machte Funkenjunges denn hier?! Das Junge sollte gefälligst in der Kinderstube bleiben, vor allem, da eine fremde Katze im Lager war! Konnte Fuchsherz denn nicht besser auf die Kleinen aufpassen?
Die Streunerin reagierte überraschend sanft auf das Junge, sodass Regensturm nicht den Eindruck hatte, sie würde Funkenjunges gleich angreifen wollen. Dennoch wollte er nicht, dass die Streunerin solchen Zugang zu den Jungen im Clan hatte und gerade machte er einen Schritt nach vorne.
Allerdings schien die Heilerin, Rauchfell, denselben Gedanken zu haben, denn sie brachte Funkenjunges sogleich in die Kinderstube zurück, auch wenn sie bei der Rückkehr gegen Dachsklaue stieß. Unter normalen Umständen hätte Regensturm geschmunzelt, allerdings war die Situation im Moment zu ernst, als dass das passend gewesen wäre.
Stattdessen nahm er einen vertrauen und geliebten Duft neben sich wahr, einer, der seine Aufmerksamkeit sofort auf die zugehörige Katze lenkte.
Wolkenstern! Was machte sie hier? Sie sollte doch im Heilerbau liegen! Es schien ihr zwar schon besser zu gehen, doch trotzdem sah man deutlich, dass sie noch geschwächt war und Ruhe bräuchte.
Er wollte schon auf sie zugehen, doch dann machte er wieder Halt. Das würde er tun, sobald die Kätzin da aus dem Lager vertrieben war, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Wie konnte die Streunerin Wolkensterns Namen wissen? Woher hatte sie diesen gehört?! Wieder misstrauisch geworden beäugte er die Kätzin, die nun selbst ihren Namen nannte.
Song. Ein äußerst ungewöhnlicher Name, aber vielleicht war er normal für Streuner? Nun, für ihn war er das jedenfalls nicht.
Als Rauchfell dann meinte, Song sollte zum Heilerbau gehen und die Streunerin sofort darauf einging und sich zum Heilerbau aufmachte, dabei alle provozierend betrachtete, protestierte Regensturm:
"Rauchfell, nein! Song sollte hier bleiben, das ist zu riskant!"
Auch die anderen schienen nicht begeistert von dieser Aussage, Wolkenstern ging mit wenig begeistertem Blick durch den Regen zum Heilerbau und setzte sich dort an den Eingang. Wenn Song schon in den Heilerbau musste, sollte wenigstens seine Gefährtin nicht dabei sein, gerade jetzt, wo sie noch geschwächt war und so ein leichtes Ziel eines Angriffs war!
Gerade wollte er seiner Gefährtin hinterher, da sprang Dachsklaue, der sich wohl nicht mehr unter Kontrolle halten konnte - wo Regensturm für ihn vollstes Verständnis hatte, er fühlte sich selbst wie ein gefülltes Fass, in welches der letzte Tropfen gleich gegeben würde.
Allerdings rief Wolkenstern augenblicklich dazwischen, dass der Krieger sich zurückhalten solle und die Katzen auseinander gehen sollte. Die Streunerin sollte sich nicht von der Stelle bewegen.
Na, wenigstens wahrte sie noch Vorsicht... trotzdem sah Regensturm sie besorgt an. Er würde es sich nie verzeihen, wenn ihr etwas zustoßen würde, denn er sah es als seine Pflicht, sie zu beschützen, auch wenn sie als Anführerin des Clans sicherlich dazu imstande war, sich selbst zu verteidigen.
Seine Aufmerksamkeit wurde wieder auf die Kämpfenden gelenkt, als die Streunerin dem Angriff von Dachsklaue größtenteils entkam und nun einen Gegenangriff startete.
Erneut flammte Wut, stärker als zuvor, in ihm auf und er trat ein paar Schritte auf die beiden zu, aber noch immer wahrte er genügend Abstand.
Er wollte etwas sagen, etwas, das die beiden auseinander bringen sollte... doch was? Er hatte nicht die Macht, ganz zu schweigen die Autorität, wie Wolkenstern sie besaß...
Am liebsten würde er sich ja mit in den Kampf stürzen und der Streunerin zeigen, was es bedeutete, in einem Lager voller Katzen eine davon anzugreifen. Doch er wusste, dass es falsch wäre, wenn Wolkenstern keinen Kampf wollte.
"Lass deine dreckigen Pfoten von Dachsklaue, Song, oder ich werde ihm helfen dir zu zeigen, wie sehr du unterschätzt!" Knurrend, mit aufgestelltem Fell und einem Buckel starrte er sie an, seine Pfoten zuckten bereits, es würde nicht mehr lange dauern und er würde auf ihrem Rücken sitzen.

Seine Aufmerksamkeit war auf den Kampf gerichtet, er verfolgte jede Bewegung der beiden und als die Streunerin dann von Dachsklaue abgeworfen wurde und der Krieger nicht noch einen Angriff startete, fühlte er Erleichterung. Zwar würde er selbst dieser arroganten Kätzin die Krallen ins Fleisch schlagen, doch trotzdem war es nicht nötig, das zu tun, solange man sie anders unter Kontrolle hielt.
Abgesehen davon hatte Wolkenstern den beiden befohlen aufzuhören und gerade der Krieger sollte auf ihre Worte hören.
Er vernahm Dachsklalues Beleidigung und verdrehte innerlich die Augen. Er konnte es nicht lassen, was? Und als er dann auch noch Wolkenstern so anfuhr, wollte Regensturm dazwischen gehen und den Krieger ebenfalls anfauchen, dass er gefälligst mal ruhig sein sollte, doch er hielt sich zurück, da er davon überzeugt war, dass Wolkenstern sich zu wehren wusste.
Und so war es auch, woraufhin Regensturm leicht zufrieden und mit aller Wärme zu ihr sah. In solchen Momenten strahlte sie eine Autorität aus, bei der nicht verwunderlich war, weshalb sie die Anführerin des Clans war. Und das gefiel ihm.
Auch Song blieb vor den wütenden Worten von Wolkenstern nicht verschont und nun blitzte deutlich Schadenfreude in Regensturms Augen auf. Die Streunerin sollte ruhig sehen, wie unerwünscht sie hier war, das tat ihrer Arroganz sicherlich mal gut.
Den Blickwechsel, den sie zuvor mit Dachsklaue gehabt hatte, hatte er nicht bemerkt, diese unausgesprochenen Worte zwischen ihnen waren nicht zu ihm vorgedrungen. Sie waren ja auch nicht für ihn bestimmt gewesen, also von daher nichts Schlimmes.
Die Antwort, die Song auf die Worte der Anführerin gab, ließen ein leises Knurren in seiner Kehle aufsteigen. Wie respektlos war sie denn bitte?! Hatte sie noch nie davon gehört, dass man den Clans lieber vorsichtig entgegenkommen sollte? Offenbar nicht!
Dass es nicht böse gemeint war, war für ihn nicht relevant. Tatsache war, dass ihre Worte so klangen, als würde sie Wolkenstern nicht ernst nehmen und das war etwas, das er absolut nicht abkonnte.
Nun, es stand definitiv fest: Er konnte diese Kätzin nicht leiden und das würde auch immer so bleiben! Wie sollte er auch ahnen, dass Song noch eine wichtigere Rolle im Clan spielen würde als er jemals denken würde?
Aber als sie dann wieder ruhiger einwilligte, dass sie sich nun angemessen verhalten würde, blickte Regensturm sie skeptisch an. Konnte man ihr das glauben? Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie überhaupt dazu fähig war.
Als sie dann meinte, sie hätte niemanden angreifen wollen und dass das bei Dachsklaue reine Selbstverteidigung gewesen sei, schüttelte er verächtlich den Kopf. Das war doch lächerlich! Egal welche Absichten sie gehabt hatte, allein die Tatsache, dass sie ohne Erlaubnis ins Lager spaziert war und den Katzen so provozierend entgegen gekommen war, hatte dafür gesprochen, dass sie einen Kampf wollte und definitiv nicht vertrauenswürdig war!
Aber was würde nun passieren? Er wollte sich nicht einmischen, es ging hier ja nicht um ihn. Wolkenstern hatte es nun zu regeln und das würde sie auch tun, das wusste er.

Er sah die Streunerin kühl an, als diese meinte, sie würde schon niemanden töten und erwiderte: „Wenn du das hier schaffst, hättest du glatt meinen Respekt.“ Und das sollte einerseits die Wahrheit wortwörtlich aussprechen, anderseits aber auch als Drohung gelten, dass sie das hier niemals schaffen würde.
Als sie dann meinte, er solle sie nicht so ansehen, als ob sie Wolkenstern getötet hätte, wurde sein Blick noch finsterer und er bleckte instinktiv die Zähne. Sie sollte gefälligst nicht so von der Anführerin, seiner Gefährtin, sprechen!
„Wenn du das getan hättest, würdest du längst nicht mehr unter den Lebenden weilen!“, fauchte er scharf und verfolgte die Streunerin mit seinen Augen, bis sie im Heilerbau war. Er beschloss, dass er sie definitiv nicht leiden konnte. Und zwar sowas von nicht.
Er bewegte sich aber nicht von der Stelle, falls Rauchfell doch Hilfe benötigen sollte, könnte ja immer der Fall sein. Und solang die Streunerin noch hier war, würde er sowieso nicht unvorsichtig werden.
Auf Dachsklaues Frage antwortete er nicht, da er nicht wusste, was er sagen sollte. Klar, er vertraute Song nicht, aber ebenso wollte er nicht Wolkensterns Befehl ignorieren, was Dachsklaue aber wohl am liebsten wäre. Und daher schwieg er einfach.
Bis die Streunerin am Eingang des Heilerbaus erschien und meinte, sie sollten kommen. Misstrauisch blickte er zu Song und war schon dabei aufzustehen und hin zu gehen, da sagte seine Anführerin, sie sollten bleiben wo sie waren oder eben was anderes tun, da sie selbst gehen würde.
Frustriert sah er ihr hinterher, denn er fühlte sich nicht wohl dabei, Wolkenstern in diesem geschwächten Zustand allein zu Song gehen zu lassen. Hoffentlich würde ihr nichts passieren…. Die nächsten Momente kamen wie eine Ewigkeit vor, in der Regensturm durchgehend den Eingang des Heilerbaus fixierte.
Bis dann endlich Wolkenstern wieder erschien, woraufhin eine Welle der Erleichterung ihn durchströmte. Am liebsten wäre er zu ihr gegangen, doch er wollte sie nicht belästigen, sie sah aus, als ob sie Ruhe brauchten könnte. Diese wollte er ihr gewähren.