Seelenjunges

Ich sah zwar nicht, wie Leuchtjunges nickte, aber ich hörte dafür ihre Stimme umso besser. Und sie bestätigte, dass sie gerne mit mir redete. Sie meinte, die anderen Jungen wären langweilig. Und ich nicht? Das konnte ich nicht glauben. Aber schön wäre es, wenn es wirklich so wäre..
Und das sagte sie mir auch: Dass ich lustlos und verschlossen war. Woher das wohl kam.. Ich war jedenfalls nicht schuld daran, das war schon mal klar. Auch egal.
"Äh.. danke?", sagte ich, nicht ganz sicher, ob sie damit ein Kompliment meinte oder aber eine Beleidigung.
Langsam wurde mir wirklich kalt, der Regen prasselte auf mich nieder und mein Fell klebte am Körper. Ich wollte wirklich nicht rein, aber wo sollten wir sonst hingehen? Aus dem Lager bestimmt nicht. Denn dann würde ich Ärger bekommen und bestimmt später Schüler werden! Das wollte ich nicht. Auf keinen Fall.
Leuchtjunges' Stimme riss mich aus den Gedanken und ich hörte ihr wieder aufmerksam zu. Gut, dass sie nun ein anderes Thema anschlug. So kam ich auf andere Gedanken, das war gut.
Doch das Thema, was sie wählte, was auch nicht besser. Im Wald? Nein, niemals. Ich würde auch erst in den Wald gehen, wenn ich Schüler war, das stand fest. Sie meinte aber, sie wäre vorhin aus dem Lager entwischt und in den Wald gegangen. Ich hätte so etwas nie gemacht.. aber Leuchtjunges, ihr traute ich so etwas zu. Sie kam mir mutig vor. Nicht wie ich.. ich war nicht mutig.
"Ich hätte mich so etwas nie getraut", sagte ich bewundernd und lächelte schwach. "Ich warte lieber, bis ich Schüler bin.. ist ja nur noch ein Mond."

Seelenjunges

Leuchtjunges' Schnauben hörte ich zu gut und ich dachte schon, dass ich jetzt schon wieder etwas falsches gesagt hatte. Doch dem war nicht so; denn sie sagte mir, ich brauchte mich nicht zu bedanken und dass sie nur die Wahrheit sagte. Komisch.
Trotzdem freute es mich, dass sie so nett zu mir war. Zu mir war selten jemand nett, wenn überhaupt jemand mit mir redete. Sonst gingen mir nämlich immer alle aus dem Weg und vermieden es, mit mir ins Gespräch zu kommen.
Dann redete sie wieder vom Wald und meinte, sie würde in der Kinderstube sterben, wenn sie noch 2 Monde warten musste. Ich musste leicht schmunzeln. "Also ich freue mich nicht so richtig darauf, Schüler zu werden. Wahrscheinlich werde ich die ganze Zeit gegen Bäume laufen und am Ende im Fluss ertrinken", meinte ich darauf und grinste, um zu zeigen, dass das als Witz gemeint war. Kein ziemlich guter, aber man musste beachten, dass ich nicht oft die Chance hatte, Witze zu machen.
Irgendwie schien es immer kälter zu werden.. ich fröstelte ein wenig und schüttelte mich kurz, wobei ich darauf achtete, Leuchtjunges nicht nass zu spritzen, doch das war nicht recht einfach, da ich ja nichts sehen konnte. Also nahm ich an, dass ich sie nass gemacht hatte. Was aber vielleicht gar nicht so schlimm war, wenn man bedachte, dass sie sowieso schon ziemlich nass war wegen des Regens.
Auch wenn mir kalt war, war noch etwas anderes da, was wirklich noch unangenehmer war: Ich hatte furchtbaren Hunger. Was vielleicht daran lag, dass ich seit gestern Abend nichts mehr gegessen hatte. Ob es Leuchtjunges auch so ging? Vielleicht konnten wir eine Maus oder einen kleinen Fisch teilen.. aber trauen zu fragen würde ich nicht.
"Hast du auch solchen Hunger?", fragte ich stattdessen und lächelte leicht.

Seelenjunges

Dass Leuchtjunges so erschüttert war, dass ich nicht gerne Schüler sein wollte, überraschte mich nicht, bei ihrem Enthusiasmus und ihrer Abenteuerlust. Sie war ja auch schon mal aus dem Lager ausgebrochen und würde es immer wieder tun, so wie ich es verstanden hatte. Ich seufzte.
"Ich glaube nicht, dass wir je ernsthaft gegen einander kämpfen werden.. wir sind in einem Clan.", sagte ich und lächelte sie leicht an. Hoffentlich war das, was sie gesagt hatte, ein Witz gewesen. "Aber ich denke nicht, dass ich jemals einen guten Krieger oder Schüler abgeben werde. Ich bin blind, ich sehe nichts", sagte ich und versuchte meine Stimme normal klingen zu lassen, doch ganz gelang es mir nicht.
Leuchtjunges stimmte mir zu, sie hatte wahrscheinlich auch Hunger. Doch dann sagte sie nichts mehr und ich hörte Pfotenschritte, die sich entfernten. War sie einfach los gelaufen? Wahrscheinlich.
Kurze Zeit später hörte ich wieder ihre Stimme neben mir. "Eh.. ja. Gleich wieder da", sagte ich und stand auf, schnupperte, und folgte dann dem Geruch nach Beute. Dieser war zwar schwach, doch ich fand den Frischbeutehaufen schließlich doch und wühlte ein wenig mit der Nase darin. Irgendwann ertastete und erschnupperte ich eine kleine Maus und zog sie heraus, hoffend, dass ich nicht den ganzen Haufen umgeschmissen hatte.
Mit der Maus im Mund folgte ich meiner Geruchsspur zu Leuchtjunges, die aber so schwach war, dass ich bestimmt ein paar Male im Kreis lief. Doch am Ende kam ich an und legte mich neben sie.
So hungrig wie ich war, aß ich die kleine Maus in ein paar großen Bissen auf und leckte mir die Lippen. Ich war ja auch schon etwas größer als Leuchtjunges, auch wenn der Unterschied vielleicht eine Pfotenlänge betrug, wobei ich mir nicht ganz sicher sein konnte, da ich sie ja nicht sah. "Und jetzt?" fragte ich sie.

(Namenlos)

Sie starrte immer noch auf eine einen Punkt, den wahrscheinlich nur sie selbst sehen konnte und fuhr in die Höhe, als eines der Jungen versuchte zu ihrem Kopf zu kommen und ihr über die Wange leckte.
Augenblicklich fuhr die immer noch schlamm-verkrustete Kätzin auf und wollte nach ihrem Jungen rufen, dass sich jetzt ziemlich selbstständig durch die Gegend bewegte; aber nur ein heiseres Krächzen, entwich der ausgetrockneten Kehle. Unerwartet überkam die Namenlose eine gewisse Angst; wurde aber von Erleichterung abgelöst, als eine andere Katze das kleine Kätzchen aufnahm und zu ihr zurückbrachte. "Danke." Hauchte sie kaum hörbar. Aber für den kleinen Haufen an Kraft, den die große Kätzin momentan noch in sich hatte, war das schon Höchstleistung. Allerdings blickte sie der Kätzin, die ihr dann gleich wieder den Rücken zu wandte, dann wenig verzweifelt hinterher. Die schönen dunkelgrünen Augen verwirrt auf den Ausgang gerichtet. Was sollte sie machen?
Weißer und Kräftiger war sie jetzt nicht gerade geworden. Sie brauchte Unterstützung! Die Namenlose seufzte und versuchte den langen Schweif so gut wie möglich um ihr beiden Jungen zu legen. Das sie nicht nochmal ausbüxten. Sie hoffte, die beiden würden das verstehen. Auch ohne Worte.

Seelenjunges

Ich beneidete Leuchtjunges irgendwie, sie konnte nämlich sehen und ich nicht. Aber ich sollte nicht rummeckern und neidisch sein, das war nicht nett. Und ich wollte nicht meine gerade gewonnene Freundin wieder verlieren! Wobei - waren wir wirklich Freunde? Ich musste es wissen. Es wäre so schön, eine Freundin zu haben, zu der man immer gehen konnte und die mit einem über alles redete.. fast zu schön, um wahr zu sein. Leise seufzte ich, doch ich konnte die Frage nicht länger zurückhalten.
"Sind wir eigentlich Freunde?", platzte ich deshalb heraus und sah dann zu Boden. Wahrscheinlich würde sie eh nein sagen.. oder? Ich wusste es nicht, ich war nicht gut darin, andere Katzen einzuschätzen. Das musste ich eben noch lernen..
Ich wünschte, ich hätte das jetzt nicht gesagt.., dachte ich betrübt und ließ den Kopf immer noch gesenkt. Ich kannte Leuchtjunges ja noch nicht so lange, und wahrscheinlich würde sie mich morgen eh wieder vergessen haben. Ich hätte nicht fragen sollen. Ich hätte nicht fragen sollen. Ich hätte nicht..
Leuchtjunges' Worte rissen mich aus den Gedanken und ich blickte wieder auf - versuchte dabei, in ihre Richtung zu schauen - und hörte zu. Sie meinte, es wäre hier so langweilig, und in der Kinderstube zu voll. Ich nickte heftig. "Da hast du recht!", sagte ich, doch bereute es gleich wieder. Sie meinte, wir könnten ja im Heilerbau etwas schauen. Was denn? Da war es wahrscheinlich genauso voll. Doch Spielen erschien mir als ein noch größeres Disaster, denn ich sah ja nichts. Deshalb entschied ich, dass es einen Versuch wert war, im Heilerbau vorbei zu schauen. Auch wenn wir Ärger bekommen würden..
"Na gut.", sagte ich leise, aber ein bisschen Schiss hatte ich schon. Als Ausrede, weil mir nicht so gant wohl war, sagte ich: "Geh du vor. Ich sehe nichts". Hoffentlich machte sie das auch..

Honigtänzer

Kurz schaute er noch seiner Schülerin hinterher, die zu Bengalpfote ging und ihm etwas zeigte. Kurz stieg bedenken in ihm auf. Wie sollte er einen tauben Schüler das kämpfen zeigen? Wie konnte er den Gegner hören, wenn er hinter ihm wäre? An der Stärke des kleinen Kater zweifelte er nicht.
Erst als Leopardenherz sich zu ihm setzte, konnte er diesen Gedanken abschütteln. Was sie sagte verwirrte ihn.
Warum sollte sie ihn verärgert haben? Er war doch zu jeder Katze so. Und das lag ganz sicher nicht an ihr. Nur schwer konnte er die Müdigkeit verstecken und sich das Gähnen verkneifen konnte er sich kaum.
,,Leopardenherz - ich weiß nicht, was du dir einbildest zu sehen oder zu spüren. Aber ich habe dich nicht anders behandelt, als alle anderen hier. Und jetzt entschuldige mich. Vielleicht solltest du dir wen zum jagen suchen. Wäre durchaus nützlicher.", miaute er, die übliche Monotonie in seiner Stimme.
Damit ging er zu Ahornpfote: ,,Wir können los."

Seelenjunges

Ich sah natürlich nicht, wie Leuchtjunges zusammenzuckte, doch ich spürte mit meinen Schnurrhaaren einen leichten Lufthauch aus ihrer Richtung und fragte mich, was das wohl verursacht hatte. Auch sah ich nicht, wie sie mich anschaute, doch ich konnte es mir denken, bei den Worten, die darauf folgten. Und ihre Antwort hatte ich mir schon gedacht. Natürlich. Morgen wird sie mich schon vergessen haben, dachte ich mir, und war schon fast traurig darüber, denn irgendwie hatte das Gespräch Spaß gemacht.
Doch dann sagte sie noch etwas, was meine Stimmung wieder erhellte. Vielleicht war ihre Antwort, mir zu zeigen, wie man kein Schisser war, nicht so besonders gut ausgedrückt, doch ich gab mich damit zufrieden und lächelte sie an. "Okay", sagte ich leise. Gut, vielleicht war es auch ein Grinsen.
Vielleicht!
Dann stupste sie mich an und das Grinsen verschwand wieder. Nur leicht lächelte ich sie an und sagte mir, das war nur eine Geste, die das Gesagte unterstreichen sollte. Fast unmerklich schüttelte ich den Kopf. Ich sollte mich nicht die ganze Zeit über die Theorie von Dingen nachdenken..
Als Leuchtjunges dann aufstand, folgte ich ihr sofort, denn ich wusste nicht besonders gut, wo der Heilerbau war und ich konnte in auch nicht erschnuppern, wegen dieses blöden Regens. Deshalb versuchte ich der Kätzin so gut es ging zu folgen, und als sie stehen blieb, lief ich prompt in sie hinein. Ich murmelte ein leises "Entschuldigung" und setzte mich neben sie. Zumindest hoffte ich, dass es neben ihr war.