Kranichfeder
Angesäuert nahm die Kriegerin den Befehl dieser minderwertigen Kreatur entgegen. Sie besaß zwar geschickte Pfoten, aber ihr Verstand reichte nur wenig über das eines Jungen hinaus. Sei froh, das dein Posten nicht gänzlich in die Pfoten deines Schülers fällt, also spiel dich verdammt nochmal nicht so auf! Wütend peitschte ihr langer Schweif von der einen Seite auf die andere Seite. Gab es irgendwo eine Ausnahme, das man der Heilerin die Krallen über die Ohren ziehen konnte? Wohl eher nicht, schade eigentlich. Schon alleine ihre Präsenz schürte einen tiefen Hass in der Kätzin. Was dachten sich eigentlich solche Katzen dabei? Egal wie gut Feuerschweif sie geheilt hatte, diese Aktion hatte ihren nur klein vorhandenen Respekt gänzlich verstreut. Hoffentlich besaßen die anderen Clans nicht so eine weinerliche Heilerin, diese war einen Schande für den Flussclan! Abfällig bleckte sie ihr scharfes Gebiss. Irgendwo musste sich ihre aufgestaute Wut entladen...Vielleicht nicht auf irgendeine Katze, ein Gegenstand würde reichen. Schließlich entschloss sich Kranichfeder auf zu stehen, von ihrem jetzigen Standpunkt aus begab sie sich vor dem Kriegerbau und starrte mit hasserfülltem Blick zu Feuerschweif...

(Namenlos)

Die Kätzin keuchte auf, als sie gepackt und durch den Staub geschleift wurde. Wo würde man sie jetzt hinschaffen? Sie wusste es nicht. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, wusste sie in letzter Zeit eigentlich recht wenig. Vor allem ihre Erinnerungen versagten. Ihre Erinnerung an die Zeit vor den letzten Monden. Sie wurde in weiches Moos gelegt und keuchte wieder auf. Ein Schauder rollte wie eine Welle über ihr gekrümmtes Rückrat.
Allerdings war das wohl eher auf die Anstrengungen der letzten Tage zurückzuführen als auf sonst was. Sagte sie sich zumindest. Aber es wahr schon sonderbar, dass die Katzen, die sie gefunden hatten, sich überhaupt die Mühe gemacht hatten, sie irgendwo hinzutragen. So eine unnütze Kätzin, bei der man sich noch nicht einmal mehr sicher sein konnte, ob sie noch lebte. War sie sich überhaupt selbst sicher?
Doch. So starke Schmerzen würde man im Tod wohl nicht verspüren.... Die große Kätzin wurde wieder von einem Schauder überrollt und biss die scharfen, weißen Zähne zusammen. Wie viel Zeit nun schon vergangen war? Sie wehrte sich nicht gegen die Krämpfe, die sie in immer größer werdenden Abständen überkamen. Gab ihnen aber auch keinen Anschub. Warum auch? Es gab keinen Grund. Der Schmerz würde so, oder so, auch irgendwann Enden.
Doch plötzlich stahl sich durch die Schwärze, die Schmerzen, die sie in letzter Zeit ständig umgeben hatten, ein Paar klarer, hellblauer Augen. Die Schlammverkrustete war sich sicher, dass sie solche Augen, in letzer Zeit nicht gesehen hatte. Schon allein die spielerische Nachsichtigkeit die daraus sprach. Unwillkürlich zuckten ihre Schnurrhaare liebevoll und die geschlossenen grau-grünen Augen standen voll Wasser. Was war das bloß? Die große Kätzin mit den langen Beinen hatte in den letzen Monden nur Bitterkeit und Gewalt erfahren.
Höflichkeit bedeute in der Wildnis durch die sie gelaufen war, Fehlanzeige. Nachsicht sowieso. Sie konnte froh sein, dass sie überhaupt überlebt hatte. Aber warum dann diese Augen.
Was war vor dem Sonnenaufgang geschehen, an dem sie zerfetzt inmitten einer wundervollen Wiese erwacht war? Solche Ironie...
Sie wusste nicht einmal, was für ein Leben sie zuvor geführt hatte. Ein Leben? Wohl kaum. Oder warum hatte sie ständig das Gefühl, verfolgt zu werden?
Die Hoffnung bringenden Augen verblassten wieder, der Atem der Kätzin wurde ruhiger.
Ihr ausgemergelter, stinkender Körper blieb schlaff. Sie hatte nichts, um das sie kämpfen konnte, und die Schmerzen hämmerten so laut durch ihrer Kopf, dass ihre Jungen keinen Platz mehr darin fanden. Die Krämpfe wurden immer schwächer. Die Sekunden die dazwischen lagen immer länger. Man hätte fast sagen können, sie hätte aufgegeben. Fast.