Nebelhauchs Schweif auf seiner Schulter und die ehrliche Art der erfahrenen Heilerin beruhigte ihn, wenigstens für den Moment. Dennoch konnte er seinen Kummer und innere Bedrückung nicht verbergen, als er sich nach Wolkenstern erkundigte. Er konnte sich kaum vorstellen, dass seine sonst so starke und selbstbewusste Mutter, in der Trauer um seine Schwester, ein Leben geben musste. Umso beängstigender war die Vorstellung, dass sie für immer mit dem SternenClan gejagt hätte, wäre sie nicht die Anführerin des WindClans und hätte keine neun Leben erhalten. Sicher, wenn Hirschpfote einmal ein richtiger Heiler werden wollte, musste er lernen, mit Verlusten umzugehen, aber hier ging es um seine Familie. Es ging um die Katzen, die ihn schon sein ganzes Leben lang begleiteten und nun wurde eine von ihnen aus seinem Leben gerissen, einfach so, ohne ersichtlichen Grund. Niemand hatte etwas gegen Mondjunges Tod tun können, aber vielleicht konnte Hirschpfote zumindest dem Rest seiner Familie helfen.
Seine Mentorin erlaubte ihm, Wolkenstern im Anführerbau besuchen zu gehen, fügte aber hinzu, dass sie nicht wusste, wie es ihr momentan geht und löste anschließend ihren Schweif von seiner Schulter. Zudem bat sie ihn, bis Sonnenhoch wieder da zu sein, damit sie zusammen Kräuter sammeln konnten, andernfalls würde sie einen Krieger mitnehmen. Als sie zu Ende gesprochen hatte, nickte Hirschpfote rasch und entgegnete: «Ich werde mitkommen, versprochen.» Sicherlich würde ihn das Kräuterpflücken etwas ablenken und es schadete auch nicht, wenn er etwas Zeit mit Nebelhauch verbrachte.
Im Anschluss miaute er ein kurzes «Bis später!» zur Verabschiedung und wandte sich zum Gehen.
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Hirschpfote wandte sich von seiner Mentorin ab und fixierte mit den orange-braunen Augen den Anführerbau. Nach bevor er loslief, beobachtete er, wie sein Vater sich durch den Eingang des Baus schob. Wie es ihm wohl ging? Es war sicherlich nicht leicht für Schattenläufer, dabei zusehen zu müssen, wie Wolkenstern unter Mondjunges Tod litt. Gleichzeitig war es sicherlich keine leichte Erfahrung für Wolkenstern eines ihrer Leben zu verlieren.
Rasch schob er seine Gedanken beiseite, ihm blieb nicht mehr viel Zeit, bis die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte. Er atmete tief durch und begann dann in Richtung Anführerbau zu laufen. Unsicher und widerwillig setzte er eine Pfote vor die andere. Er wusste nicht, was er im Moment fühlen sollte, keines seiner Gefühle kam ihm in dieser Situation richtig vor. Es wirkte alles so surreal, als wäre er in einem schlechten Traum und würde jeden Moment aufwachen. Natürlich wachte er nicht auf, auch dann nicht als er unmittelbar vor dem Eingang des Baus stand. Unbewusst schnappte er einige Gesprächsfetzen auf, darunter die liebevollen Worte seines Vaters, der scheinbar alles versuchte, um Wolkenstern wieder aufzubauen.
Kurzerhand schlüpfte Hirschpfote in den Bau zu seinen Eltern, er war schließlich nicht hier, um sie zu belauschen. Drinnen fand er sie nebeneinanderliegend vor, der dunkle Schweif seines Vaters um den weißen Pelz seiner Mutter geschlungen. Man hätte meinen können, es sei alles ganz normal, wäre da nicht die beklemmende Atmosphäre, die den braunen Kater unmittelbar nach dem Eintreten umhüllte. Wolkensterns Blick war eisig, ohne jegliche Emotionen, die Hirschpfote hätten signalisieren können, wie es der Anführerin ging. Weder Kummer, noch Wut oder Schmerz, einfach nichts. Ratlos blickte er von seiner Mutter zu seinem Vater, der im Moment eher ansprechbar zu sein schien, als die weiße Kätzin. «Ich hoffe ich störe nicht.», miaute er kleinlaut, «Nebelhauch hat mir erzählt, was passiert ist…» Seine Stimme erstickte nach den letzten Worten. Es war schwer, die Geschehnisse in Worte zu fassen, aber er brauchte nicht mehr zu sagen, seine Eltern wussten zweifellos, was er damit meinte.
Er fühlte sich einfach nur schrecklich. Nun hatte er den Weg eines Heilers gewählt und trotzdem nichts ausrichten können. Was nutzte ihm das ganze Wissen, wenn er nicht mal seine eigene Schwester retten konnte? Er hatte das Gefühl, die Schuld an ihrem Tod zu tragen. Er fühlte sich verantwortlich dafür, dass Mondjunges nun mit dem SternenClan jagte, dass seine Mutter ein Leben verloren hatte und sein Vater, sowie seine Geschwister nun mit der Situation leben mussten. Bisher hatte er versucht, seine Emotionen unter Kontrolle zu behalten, aber er schaffte es nicht mehr. «Ich konnte nicht mal etwas für sie tun.», brachte er mühsam in einem wimmernden Tonfall hervor, ehe sich die ersten Tränen aus seinen Augen lösten und auf den Boden tropften.
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