MORGENSCHWEIF | 029

Oder sie bleibt idiotisch und bringt andere Krieger in Gefahr, die ihr helfen müssen, fiel dem Kater als Konter darauf ein, dass Wolfpelz sagte, dass aus ihr doch eine großartige Kriegerin werden könnte. Jedoch sah man, dass sie noch weiter reden wollte, und er unterließ es, sie gleich zu unterbrechen. Nachdem sie fertig wäre könnte er auch noch sprechen.
In der nächsten Sekunde erwähnte Wolfpelz jedoch, dass aus ihr auch etwas geworden war, obwohl sie eine Streunerin gewesen sei. Morgenpelz stellte die Ohren auf, seine Augen weiteten sich kurz geschockt, doch eher über sich. Er blieb bei seiner Meinung, dass diese Möchtegernschülerin nichts taugte, doch dass einer seiner Gesprächspartner selbst kein reines Blut hatte war ihm neu und er hatte ihre Gefühle vermutlich verletzt, was er nicht beabsichtig hatte. Er hätte der Streunerin ja auch nicht ins Gesicht gesagt, dass sie beinahe eine Gefahr, ein Risiko darstellt, dass der DonnerClan eingeht, zumindest wenn es nach ihm geht.
Er hatte Wolfpelz nie besonders beachtet, also nie mehr als andere Katzen im Clan. Ja, sie war ab und zu etwas .. schüchtern rüber gekommen, aber er hatte sich nie groß Sorgen darum gemacht, weil er eben nie eine Bindung oder Freundschaft zu ihr aufgebaut hatte. Und das war fast die ganze Schülerzeit so gewesen; sie war nur einen oder zwei Monde jünger als er. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, war es wirklich nicht unlogisch gewesen, dass sie eine Streunerin gewesen war. Sie war jetzt eine Kriegerin wie jede andere, soweit er wusste, aber nur, weil es bei ihr geklappt hatte, konnte er dieser kleinen Streunerin trotzdem nicht vertrauen.
"Das wusste ich nicht. Aber das-, genau wie Lichtfleck stockte er mitten im Satz, als sich jemand einbrachte. Polarstern, um genau zu sein. Morgenschweif wandte den Kopf blitzschnell zu ihm um, hörte, wie er fragte, ob es ein Problem gäbe. Ja gut, hatte er gesagt, dass es selbst für Anführer unhöflich war, wenn man Gespräche belauschte?
"Nein", antwortete er knapp. Lichtfleck gab eine etwas längere Antwort, also musste er nicht auch noch einen Roman sprechen.

Polarstern wandte sich wieder an Wolfpelz. Vermutlich dachte er nicht gut über ihn und Lichtfleck, jenachdem, wie lange er mitbekommen hatte. Nicht, dass er den Anführer kritikunfähig nennen würde, aber er nahm an, dass kein Anführer es gerne hörte, dass der Clan oder Teile von ihm seinen Entscheidungen nicht zustimmte. Wobei, solange sie sich nicht dagegen wehrten und ein großes Drama machten hatten sie nicht wirklich etwas falsch gemacht - eine Meinungsfreiheit verlangte er für sich und jeden anderen schon. Und so wie es aussah verärgerte es Polarstern ja, dass sie gegen die Aufnahme der Streunerin war, also hätte es ihn noch wütender gemacht, wenn sie sich direkt an ihn gewandt hätten, er sollte sich nicht so benehmen, dass Morgenschweif fast eine Art Angst vor einer Bestrafung bekam, die er sich dadurch auszureden versuchte, dass er sich einredete, wieso seine Handlungen und Aussagen föllig legitim waren..
Morgenschweif öffnete für den Teil einer Sekunde seine Augen leicht weiter, um sich selber zu wecken. Irgendwie, er wusste nicht, wie er es richtig beschreiben sollte, doch zumindest achtete er wieder direkt darauf, was um ihn herum geschah. Eulenschrei gesellte sich zu ihnen, Lichtflecks Bruder, das wusste Morgenschweif. Er nickte ihm zu, beschloss, aber noch nicht groß und ausschweifig zu reden, denn dass Polarstern neben ihnen stand und wohl genau darauf achtete, was er sagte, was ihm ein unwohles Gefühl bereitete, wollte er warten, bis der Anführer weg gehen würde. Hoffentlich würde er bald die Versammlung abhalten oder zumindest alle zusammen rufen, denn es wurde schon dunkel und auch, wenn er erst am Mittag aufgestanden war, wollte Morgenschweif nicht erst Mitternacht einschlagen. Denn dann würde er ja am Folgetag auch nicht wieder früher aufstehen können.
Er wendete seinen Blick ab neben sich auf eine Steinwand, dann erfassten seine Worte Wolfpelz' Worte, die sich um einen Streuner drehten. Ob Lichtfleck und Vanilleduft ihn verjagt hätten - welch Ironie! Ein Streuner, der wohl eine Patrouille - wenn auch eine recht kleine - brauchte um verjagt zu werden wurde verjagt, nachdem er auf das Territorium gegangen war, aber eine andere Streunerin, die in das LAGER stürzt und sich damit hätte umbringen können würde aufgenommen, okay. Das wäre, als würde man die Grenzpatrouillie umbringen aber den Krieger aus dem feindlichen Clan, der einfach in das Lager spatziert, bitten, sich zu setzen, mit einem zu essen und zu fragen, ob er denn nicht einige Geheimnisse des Clanes erfahren wollen würde. Dämlicher Clan. Eine Sekunde lang verstand Morgenschweif, wieso der SchattenClan - und auch der Wind- und der FlussClan, aber nicht so stark - diesen Clan nicht mochten, doch dann entsinnte er sich, dass dies sein Clan war, dem er loyal war und woran keiner zweifeln durfte, denn er würde ihn nicht verraten, niemals. Nur fiel es ihm gerade ziemlich schwer, wirklich stolz zu sein, denn was außer .. Dummheit war denn gerade zu bieten?
Er seufzte, seine Augen waren müde, aber nicht, weil er Schlaf brauchte, sondern weil er einfach genervt war und es satt hatte, wütend zu sein auf seinen Clan. Er wollte das nicht, aber es ging nicht anders, denn er erlebte gerade so viel Dummheit. Er sagte zu keinem Gespräch weiter was, leckte sich nur über das Brustfell, um beschäftigt auszusehen, damit nicht jemand meinte, ihn einzubinden und um die Meinung zu zum Beispiel der verjagten Streunerin zu fragen, denn die würde Polarstern noch weniger freuen als was auch immer er bis dahin schon gehört hatte.

MORGENSCHWEIF | 031

Eulenschrei lieferte einen längeren Bericht vom Vorfall mit der Streunerin ab, vermutlich für Polarstern, der wissen musste, was auf seinem Territorium geschah. Morgenschweif versuchte, sich etwas zu beruhigen, richtete seinen Blick auf seinen Clankameraden und hörte ihm zu. Als Lichtfleck wieder zu Wort kam und einen Gedanken laut aussprach, auf den Morgenschweif selber noch gar nicht gekommen war, wurde er wieder aufmerksam und seine schlechte Laune verflog zwar nicht vollkommen, verminderte sich aber ungemein.
Natürlich, das war so logisch! Dieses Junge könnte von der anderen Streunerin sein, oder wenn sie schon nicht ihre Mutter war dann zumindest mit ihr irgendwie verwandt oder etwas anderes zu tun haben. Wobei er selber die Mutterschaft am wahrscheinlichsten fand. Wenn Eulenschrei und Vanilleduft den anderen Streuner verjagt hatten, war er vermutlich etwas entfernt, aber wenn man sich sehr beeilen würde und die schnellsten Krieger auswählte, sollte sie oder er doch zu erreichen sein, hoffte er.
"Das kann sie wirklich", stimmte er Lichtfleck zu und band sich damit selber wieder in die Diskussion sein. "Sie könnte im Territorium gewesen sein, um nach dem Jungen zu suchen." Wenn wir nicht zumindest versuchen, ihr das Junge zu geben, könnten wir Hass auf uns ziehen, und Feinde bekommen, fügte er hinzu, sprach es jedoch nicht laut aus. Polarsterns wachende Gegenwart verhinderte ihn.
Und selbst wenn nicht, irgendein Streuner oder Einzelläufer wird sich schon bereit erklären es uns abzunehmen, dort ist es besser aufgehoben als hier. Dort ist es unter Gleichgesinnten.