Müde hatte ich mich gestreckt und langsam meine Augen geöffnet, doch dann hatte ich den Schrei gehört. Er kam von nebenan. Also war ich sofort rüber gelaufen.
Als ich bei ihr war, war es bereits zu spät. Mary war tot. Meine beste Freundin war ermordet worden. Im Nachbarzimmer! Und ich hatte nichts bemerkt. Sie hatte ein Messer im Herzen und ihr Gesicht war geschockt. Ich musste nicht fühlen, ob sie tot war- sie konnte gar nicht mehr leben.
Langsam drang sich die Furcht in meinen Körper. Wenn Mary tatsächlich ermordet worden war, dass müsste sich der Täter noch im Haus befinden, außerdem durfte meine kleine Schwester Rose nichts von dem Tod meiner Freundin mitbekommen- sie war noch zu klein.
Ich war also ganz auf mich allein gestellt.
Ich erschauderte. Was, wenn Rose auch etwas passiert war? Schreiend rannte ich in ihr Zimmer. "Rose!", schrie ich so laut ich nur konnte. "Rose! Hörst du mich? Ich komme!"
In ihrem Zimmer duftete es nach Karamell- Roses Lieblingssüßigkeit. Alles schien friedlich. Das rosane Zimmer war so unaufgeräumt wie immer, so wie es bei einem fünfjährigen Mädchen halt war. Und der große Wandspiegel, Roses ganzer Stolz, thronte auch wie immer an einer Blumenwand.
Doch ein Blick in den Spiegel, ließ mein Herz erstarren. Rose lag in ihrem Bett- mit einem Messer, welches in ihrer Brust steckte, fest umklammert.
Ich konnte es nicht fassen. Rose hatte Mary ermordet. Und sich auch. Wie konnte sie...?
Schritte.
Immer näher.
Ganz dicht.
Sie schallten in meinem Ohr wieder.
"W-wer- wer i-ist da?", fragte ich geschockt und sichtbar verängstigt.
Ein Blick in den Spiegel beantwortete mir diese Frage.
Es war Mary.
Sie hatte rote Augen und ihr Blick war von Zorn gelenkt.
"Hey, Mary.", stieß ich lächelnd hervor, "Schön, d-dass du da bist. Ich... ich dachte du wärst..."
"Spar dir deine Freude", zischte Mary und zog ein Messer hervor. Das Messer war Blutüberströmt.
Von Roses Blut.
Im Spiegel sah ich, wie Mary ausholte. Die Sekunden kamen mir vor wie Jahrzehnte.
Tränen liefen mir über die Wangen.
Ich war so gut wie tot.
Wieso?, dachte ich schockiert.
Wir waren doch Freundinnen. Beste Freundinnen. War es Eifersucht? War es Rache? Aber wofür?
Diese Antworten würde ich wohl niemals bekommen.
Es dauerte Ewigkeiten, bis Mary, die selbst eine Träne auf ihrem verbitterten Gesicht nicht versteckte, zustach und ich für immer in eine endlose Dunkelheit fiel.