I feel your knife as it goes right in
Cut to my core but I'm not bleeding
All that you say tryin' to make me small
What the bigger you get the harder you fall
Ich sah Schwarzstern nur verschwommen, meine Tränen versperrten mir die genaue Sicht auf ihn, auch wenn ich wusste, dass der Anblick nicht nötig war, so befleckt, wie sein weißer Pelz von meinem Blut war. Er fuhr erneut mit seiner scharfen Kralle an meiner Flanke entlang, ich schrie und verkrampfte mich. Es tat weh, körperlich, aber noch mehr, weil er es tat, um uns zu helfen. Und beiden. Unserer Liebe. Aber allen voran seinen Rang, den er in Frage gestellt bekommen würde, wenn heraus käme, dass er gerade mit seiner Stellvertreterin eine Beziehung begonnen hatte, die demnach nur deswegen so weit oben war.
Bis zu einem gewissen Grad konnte ich diese Gedanken nachvollziehen. Und ich war mir auch bewusst, dass nicht nur sein eigenes Wohl, sondern auch meines dabei geschützt werden sollte, dass ich nicht gehasst werden würde, aber er musste das nicht so durchsetzen.
Er hätte mich bitten sollen, bevor er mir Gewalt androht und sie anwendet.
Ehe er mich schlägt, damit ich mich ja nicht verplappere, mich nicht ungefragt an ihn schmiege oder gar Junge bekomme.
Ich hätte doch ja gesagt.
You use your words as a weapon, dear
But your blades don't hurt when you have no fear
You think that you're depp under my skin
You're tryin' to keep me suffering
If you use your words as a weapon
Then as a weapon, I'll shed no tears
Aber Schwarzstern war eigen, was ich an ihm geliebt hatte, doch alles hatte seine Schattenseiten. Wenn ich aus einem anderen Clan wäre und ihn auf den Großen Versammlung wissend mit meinem Wissen gesehen hätte, dann wäre ich auch wie die Hauskätzchen aus dem Donnerclan, die den Schattenclan als brutal und ohne Manieren darstellte. Er nutzte unnötig Gewalt, dabei waren wir mal ein Paar gewesen – ich fühlte nichts mehr für ihn. Oder wie der Windclan, der Angst vor uns hatte. Ich hatte auch Angst vor Schwarzstern, aber noch mehr davor, was er tun würde, wenn ich ihm sagen würde, dass da nichts mehr war, dass er es verspielt hatte, mit mir verscherzt. Er würde mich töten. Und wie der Flussclan kam er nur zu mir, wenn er etwas brauchte, wenn er in einer Notlage war.
Wenn ich so darüber nachdachte, in diesen verschwommenen Sekunden, in denen er mich mal wieder schlug und die mir so elendig lang vorkamen, dann hasste ich ihn mittlerweile. Aber er schien noch etwas für mich zu empfinden.
Doch das gefiel mir nicht.
You have my heart but I lock it up
This burning flame has been burnt enough
My window's cracked they can be replaced
But your arm will tire throwing stones my way
»Steh' auf!«, lautete sein Befehl, dem ich auf wackeligen Beinen nachkam. Ich stand nun gebückt vor ihm, gute drei Köpfe kleiner, wie ein schwaches Junges. Mein Schweif schleifte auf dem Boden, die Krallen schauten nur leicht aus den Pfoten, verankerten sich aber nicht im Boden, bereit, gleich zum Einsatz zu kommen.
»Wasch' dich!« Ich konnte nur knapp durch meine zu Schlitzen verengten Lider, die nur wenig Licht hindurch ließen, sehen, wie er auf den Teich deutete, den großen, über den man auf alle anderen Clanterritorien sehen konnte. Auch auf die Insel, auf der jeden Mond die Große Versammlung vollzogen wurde. Ich ging nicht gerne hin, musste ich doch jedes mal mehr Narben tragen, die auffielen, obgleich mein Pelz rostfarben war – mein Name zeugte von ihnen -, und ich durfte mit niemandem reden. Ich war mehr Sklavin als Stellvertreterin oder etwas, das man als Gefährtin bezeichnen konnte.
Doch für ihn schon, denn er war so ein Sadist, dass er vermutlich noch dachte, mir gefiele das.
Er war ein Wahnsinniger.
Einfach krank.
You use your words as a weapon, dear
But your blades don't hurt when you have no fear
You think that you're depp under my skin
You're tryin' to keep me suffering
If you use your words as a weapon
Then as a weapon, I'll shed no tears
Er ging ins Lager voran, ließ mich allein – dafür war ich ihm dankbar, ihm, diesen grauenvollen Kater, den ich einst geliebt hatte, weshalb auch immer. Wie er es dennoch schaffte, ohne sich zu waschen, weder großartig nach mir zu riechen oder aber noch das Blut an sich kleben zu haben, das auf dem hellen Untergrund sehr deutlich zu sehen war, war mir ein Wunder.
Ich öffnete meine Augen erst wieder, nachdem ich mehrere Minuten bis zu den Knien im Wasser stehend aufgehorcht hatte, dass sich wirklich niemand mehr in meiner Nähe befand. Mich erwartete mein Spiegelbild, an einigen Stellen mit einem dunklen Rotstich, dort, wo das Blut auf die Wasseroberfläche getropft war und sich nun kreisförmig nach außen verteilte.
Ich nahm einen Schluck; unerwartete Kühle erfasste meinen Hals, doch es war angenehm. Es brannte nicht so wie die Schlitze in meiner Haut. Langsam wagte ich mich Schritt für Schritt tiefer hinein, zuckte zusammen, als die neuen Wunden abgespült wurden, doch nach einer Weile spürte ich sie nicht mehr.
Ich ging noch einen Schritt weiter, sodass ich für einen kurzen Momend schwerelos war, ehe ich absank und mich strecken musste, damit mein Maul noch an der Luft war.
Ich verharrte so, einfach nur still stehend, vom Wasser umarmt; diese Stille, nur das einfache Rauschen an meinen Ohren.
You use your words as a weapon, dear
But your blades don't hurt when you have no fear
You think that you're depp under my skin
You're tryin' to keep me suffering
If you use your words as a weapon
Then as a weapon, I'll shed no tears
Hier konnte man mir nichts tun. Man konnte mich nicht schlagen und meine Narben gab es nicht, sie waren weg. Das würde mich erst im Sternenclan wieder erwarten – wenn ich denn ihm beitreten durfte. Ich hatte meinen Rang ja in gewisser Weise unrechtmäßig erhalten und niemandem etwas von Schwarzsterns Machenschaften erzählt, weswegen er nicht gestoppt wurde. Wer wusste schon, ob ich die einzige war.
Wie lächerlich naiv ich damals gewesen war. Ich hätte nichts mit ihm anfangen dürfen.
Er war schlecht für mich.
Und ich wollte nicht mehr. Was hatte mein Leben schon zu bieten? Ich war machtlos, ihm gegenüber und generell, denn ich hatte keinerlei Vorzüge mit dem Rang der Zweiten Anführerin erhalten. Nur dieses Gefühl der Schande, der Verwundbarkeit und den Schmerz.
Ich starrte nach oben an die Wasseroberfläche; ein leichtes Blau konnte ich erkennen, mehr aber nicht. Ich war hier unten isoliert, und das gefiel mir.
Ich schlucke kurz etwas Spucke, die sich angesammelt hatte, hinunter, wobei mein Unterkiefer kurz unter Wasser gelangte. Ich leckte mit der Zunge über ihn, kostete die Kälte erneut. Um mich herum war es angenehm, doch auf diese Weise, über den Mund, war es etwas ganz anderes.
Wollte ich das meinen Zähnen, meiner Zunge, meinem Gaumen und auch meiner Nase verweigern?
Sie hatten auch ein Recht darauf. Und ich hatte ein Recht auf den Tod. Ich hatte lange genug gelitten, jetzt durfte ich meinen Spielzug machen.
Ich holte noch ein letztes Mal Luft, dann tauchte ich vollkommen ab, ließ mich von dem Nichts erfassten, schwebte dahin.
I'll shed no tears.