Wir schreiben die Zeit großer Veränderungen, als ein junger Kater seinen Stamm verließ, um zusammen mit seiner Liebsten sein zu können. Nach Monden des Wandern und Suchens sahen die beiden sich dazu gezwungen eine Rast einzulegen. Nichtsahnend, dass - neben ihrem baldigen kleinen Glück - eine kleine Katzengruppe im Wald erscheinen würde. Arme Seelen, die aus ihrer ehemaligen Heimat vertrieben worden waren und auf der Suche unsäglich viele ihrer Liebsten an einen Clan verloren hatte, der sie scheinbar nur mit Hohn und Spott besah. Entsprechend misstrauisch verlief das erste Zusammentreffen mit der frisch beglückten Familie, welcher nun auch ein kleines Kätzchen angehörte.
Hase, dem Flügel wachsen ließ sich letztlich jedoch von seiner Gefährtin zu einer Beredung mit den fremden Katzen überzeugen. Aus eben jener Unterhaltung ergab sich, dass beide Katzengruppen einem vergleichbaren Ziel hinterherjagten und in diesem Wald gelandet waren. So beschloss man kurzerhand, über die kommende Blattleere, füreinander zu sorgen. Man suchte also gemeinsam einen geeigneten Ort für ein provisorisches Lager und versuchte bestmöglich mit der unterschiedlichen Lebensweise einherzugehen. Schnell bemerkte man jedoch, dass dies ohne festgelegte Regeln nicht reibungslos funktionieren würde. Da allerdings von Seiten der ehemaligen Clankatzen auch kein allzu großes Interesse bestand gewisse ältere Geflogenheiten beizubehalten, war man den Erzählungen des Stammeskaters sehr zugeneigt und beschloss die Gruppe in Jäger und Wächter zu unterteilen. Katzen, die sich gut in der Jagd sahen begleiteten fortan den Rang des Jägers und Katzen, die ihre Fähigkeiten mehr der Verteidigung ihrer Kameraden widmen wollten, den des Wächters. Seerose, die Gefährtin von Hase, ernannte man darauf zur Heilkundigen und Jungenkönigin, da sie als einziges Wissen über die Heilkunst besaß.
Mit den ersten verstrichenen Monden, zeigte sich jedoch deutlich, dass es bei Weitem nicht reichte bloß irgendwelche Ränge zu vergeben. Es wurde also der Beschluss gefasst, eine Katze zu bestimmen, die der Gruppe vorstehen sollte. Stern, der von Ahnen gesandt war zu diesem Zeitpunkt noch ein Junges von gerade einmal fünf Monden. Ihr war es unbegreiflich, dass sich plötzlich in der Harmonie eine solche Unruhe zeigte. Doch die Entscheidung fiel den Katzen wahrlich nicht einfach, denn alle spürten, welch weitreichende Absolutät ihre Entscheidung haben könnte. So vergingen fast zwei ganze Sonnenaufgänge, ehe man sich größtenteils festgelegt hatte. Flüsterbild, ein Kater der ehemaligen Clankatzen, sollte es letztlich sein. Kaum einen Mond später, war es auch dieser, der vorschlug Stern in den Rang eines Schülers zu erheben und ihre Ausbildung beginnen zu lassen. Sowohl Hase als auch Seerose stimmten dem zu und so erhielt Stern - von den ehemaligen Clankatzen fortan Sternenpfote genannt - ihren Mentoren Geiersturz.
Stern zeigte unter der knöchernen Ausbildung Geiersturz' schnell, dass sie von ehrgeizigem Charakter war und sich nicht so schnell unterkriegen ließ. Doch auch zeigte sich, dass sie ebenso verträumt sein konnte und selbst mit fast neun Monden noch gerne die Kinderstube aufsuchte, um mit den dortigen Jungen zu spielen und ihnen die wildesten Geschichten zu erzählen. Wohlgemerkt zum Missfallen ihres Mentoren, der derartige Flausen nicht gerade duldete.
Wie die junge Katze das zarte Alter von zehn Monden erreichte, wurde erstmals wieder in den Raum geworfen, dass man ja eigentlich nur gedacht hatte über die Blattleere zusammen zu leben. Allerdings wurde eben dieser Einwand nach nur wenigen Worten beiderseits für nichtig erklärt. So war es Stern letztlich auch möglich ihre Ausbildung zu beenden, allerdings nicht ihren Namen zu erhalten - Flüsterbild sah sich dahingehend nicht von ihren Ahnen berufen. Eben jener war es aber auch, der das Interesse der jungen Wächterkatze fortan wecken sollte. Denn beide teilten ihre Vorliebe für Jungen, als Flüsterbilds Ziehtochter Bachblüte ihren ersten Wurf gebären sollte und verbrachten entsprechend vermehrt Zeit miteinander. Vielleicht war es daher auch für den einen oder anderen keine Überraschung bald zu erfahren, dass die beiden Katzen zueinander gefunden hatten.
Die Gemeinschaft schien wahrlich nach Monden ihrer Suche und Niederkunft in ihrer neuen Heimat angekommen zu sein. Zwar war noch immer nicht alles Terran erkundigt, dafür bedurfte es einfach zu viel Zeit und Ressourcen, doch ihre Gruppe war am Gedeihen und bei Kräften. Dem Gedeihen wollten letztlich weder Flüsterbild noch Stern im Wege stehen, allerdings schien ihnen da die Natur nicht mitzuspielen. Stern empfing keine Jungen, so sehr es sich die Wächterkatze auch wünschte.
Monde zogen in den Wald und die Erkundungen des Terran konnten mit dem Blattfall endlich fortgeführt werden. Dabei entdeckte man bei der wohl größten Wasserstelle des Waldes, einem prächtigen Wasserfall, eine verborgen liegende Höhle. Die Hoffnung war bei den ehemaligen Clankatzen groß, dass eben dieser Ort ihnen eine Verbindung zu ihren Ahnen geben würde, doch auch Tage nach der Entdeckung und des Ausharrens zeigte sich ihnen nichts. Man spürte deutlich, dass sie dies sehr bedrückte und beschäftigte. Seerose sprach im Geheimen mit ihrer Tochter gar von Depressionen und das sie älteren Kriegern Mohnsamen geben würde, damit diese des Nachts schlafen könnten.
Allerdings blieb, mit der einziehenden Blattleere, dies nicht ihre einzige Sorge. Im Gegensatz zu der Leere zuvor, hielt der Husten im Lager Einzug und Seerose hatte Schwierigkeiten dem mit ihren spärlichen Vorräten nachzukommen. Zum Ende dieser harten Prüfung hatte die Gruppe drei Verluste zu beschreiben. Katzen, deren Seelen wohl noch unter ihnen wandelten, da sie den Weg zu den Sternen nicht fanden. Vor allem die älteren Clankatzen ängstigte dies und machte sie in ihrer eigentlichen Aufgabe fahrlässiger. Fatalerweise. In der anbrechenden Blattgrüne sollte dies letztlich zu ihrem Verhängnis werden. Erste Anzeichen hierfür erhielt die Katzengruppe, als ein Erkundungstrupp auf gerissene Beute nahe der großen Wasserstelle stieß. Zu diesem Augenblick dachte man jedoch noch bei Weitem nicht, welches Biest dahinterstecken könnte. Das erste Zusammentreffen sollte den Katzen allerdings schneller die Augen öffnen, als ihnen lieb war. Es war ein Berglöwe.
Panik brach unter den Katzen aus, die selbst Flüsterbild nur mühselig beruhigen konnte. Stern bereitete deren Verhalten, aber auch Annähern der Bestie an ihr Lager große Sorgen. Doch erst der Tod eines jungen Kätzchen schien sie aufrütteln zu können und so warf sie eine irrwitzige Idee in den Raum, um der Situation womöglich Herr zu werden. Beim Wasserfall hatten Krieger vor Monden einen Pfad auf ein Plateau gefunden, von welchem man über den gesamten Wald blicken konnte. Man vermutete, dass eben jenes hoch genug gelegen war, um selbst einen Berglöwen bei einem Sturz in die Tiefe zu töten. Nun schlug die junge Wächterin vor, dem Biest eine Spur bis zu eben diesem Plateau zu legen, um es dann hinterrücks anzugreifen und hinabzustoßen. Aus Ermangeln weiterer konstruktiver Vorschläge, gedachte man ihren Vorschlag in die Tat umzusetzen. Jedoch meinte es das Schicksal nicht gut mit den Katzen.
Kaum, dass sie mit der Beute beladen sich zum Pfad aufmachten, tauchte ihr vermeintliches Opfer vor ihnen auf. Es entbrannte ein erbitterter Kampf um Leben und Tod. Stern, der von Ahnen gesandt sah ihre Kameraden erbittert kämpfen, die Katze selbst fühlte sich jedoch seltsam in Trance. Gerade dies wollte sie mit ihrem Plan doch verhindern! Ohne über die Konsequenzen nachzudenken riss sie einem erlegten Eichhörnchen und Kaninchen den Bauch auf und badete in ihrem Blut. Noch bevor einer die Katze aufhalten konnte, preschte sie direkt auf das Biest zu und weckte durch gezielte Hiebe dessen Aufmerksamkeit. Wenige Momente später schoss die Wächterkatze dann aber an dem Berglöwen vorbei und hielt direkt auf den Pfad zum Plateau zu. In ihrem Nacken spürte sie die Präsenz des Ungetüms, welches deutlich den Abstand zu ihr zu vergeringeren wusste. Begleitet von den Nachrufen ihrer Kameraden erklomm Stern den Pfad, bis sie das ersehnte Plateau endlich erreicht hatte. Erst an dessen Rand hielt sie schlitternd an. Ihr Herz raste, ihr Atem ging nur noch stoßweise.
Wann war es Abend geworden? Diese Frage geisterte der jungen Katze durch den Kopf, als das Biest ungehindert in sie hineinstürmte und zu spät bemerkte, wie nah es sich doch am Abgrund befand. Die Augen ein letztes Mal zurückgerichtet, entdeckte Stern ihren Gefährten Flüsterbild, gefolgt von ihrem Vater Hase, dem Flügel wachsen auf das Plateau stürmen und ihren Namen stumm auf ihren Mäulern tragen. Ein Lächeln stahl sich in das Antlitz der Katze, ehe sie mit dem Berglöwen in die Tiefen stürzte.